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Ist uns der Original-Koran erhalten oder wurde er Änderungen unterworfen?

14:11 - March 19, 2023
Nachrichten-ID: 3007965
Teheran (IQNA)- War der Koran Änderungen unterworfen oder nicht. Es gibt Ansichten, dass der Koran geändert wurde. Aber die Untersuchung der Überlieferungen zeigt dass dies nicht der Fall ist sondern verschiedene Gründe hat.

Einleitung

Diese Frage kursiert zwischen den Muslimen und ist ebenfalls Bestandteil verschiedenener nichtmuslimischen Studien, die Änderungen nachweisen wollen.

Als erstes ist die Bedeutung der arabischen Vokabel zu untersuchen, die benutzt wird, Änderungen anzuzeigen.

Diese Vokabel ist „Tahrif“. Was bedeutet Tahrif. Zunächst ist es ein Infinitiv aus dem Stamm „Ha“, „Ra“ und „Fa“. Das Nomen Harf bedeutet „Buchstabe“. Die eigentliche Bedeutung ist „nahe“, „neben“, „anstatt“.

In unserem Fall zeigt das Muster (im arabischen als Bab, im Deutschen Tor), das man sich ungefähr als Präfix oder Postfix der Vokabel deuten kann, das der Vokabel eine zusätzliche oder abweichende Bedeutung gibt. Das Muster zeigt eine  Aktion an etwas dazu, neben oder anstatt zu legen. Aber auch die Wegnahme kann man interpretieren.

Unsere Frage bezieht sich also auf Tahrif Koran oder in welcher Weise wurde der Koran falsch weiter gegeben.

Zunächst ist es notwendig zu bestimmen, welche Änderungen vorkommen können.

Als nächstes untersuchen wir die Arten der Änderungen:

Diese sind im generellen zwei Arten, die sich selbst wieder unterteilen:

Änderung der Bedeutung: Der Koran wird absichtlich oder unabsichtlich falsch interpretiert.

Diese Art der Änderung ist zweifelsfrei vorhanden, da es in nicht wenigen Versen grobe Differenzen der Deutung gibt. Ob zwischen den Schulen oder selbst innerhalb kleiner Gruppen werden Verse unterschiedlich interpretiert. Diese Art der „Änderung“ ist aber keine Änderung des Textes des Korans.

Für unsere Untersuchung ist der zweite Teil maßgebend:

Änderungen des Textes:

Diese kann man einteilen in:

1) Zusatz

2) Löschung

3) Ersatz

 

Nummer 3 kann man auch durch die ersten beiden ausdrücken, also Zusatz gefolgt von Löschung oder umgekehrt.

Da selbst zwischen Muslimen der Gedanke kreist, dass der Koran Änderungen unterworfen war, müssen wir als erstes die Zeitpunkte bestimmen, an denen eventuell eine Änderung auftrat:

1) Der Prophet (sas) hörte nicht richtig und gab den Koran also verändert dem Volk weiter.

2) Der Prophet (sas) vergaß das Gesagte oder erinnerte sich nicht mehr an das Gesagte

3) Der Prophet (sas) vergaß zwar nicht, aber teilte irrtümlich Falsches weiter

4) Ab den Gefährten wurde der Koran nicht exakt weitergegeben

Die ersten drei Zeitpunkte sind leicht zu widerlegen, der allmächtige Gott (swt) keinen als Propheten schickt, dem man nicht vertrauen kann. Das Buch Gottes wäre dann also schon durch den Propheten (SAS) zerstört worden. Dies aber widerspricht dem Vertrauen das Gott im Propheten (SAS) würde sogar der Gerechtigkeit Gottes widersprechen.

Nummer 4 ist sehr wohl möglich, da ab hier keine keine „garantiert“ sündfreien Personen die Weitergabe des Koran übernehmen.

Daher werden sie Analysen ab diesem Zeitpunkt konzentrieren.

 

Welche Gründe gibt es, dass der Koran geändert wurde?

1) Überlieferungen, die den Anschein tragen, dass der Koran Änderungen unterworfen war

Diese Überlieferungen tragen den Schein der Änderung. In diesen ergänzt der Überlieferer z.B. Erklärungen oder benennt die im Vers erwähnten Personen. Da diese Zusätze früher nicht kenntlich gemacht wurden erscheint es so als ob dieses zum Koran gehört und somit aus dem Text entfernt wurde.

Die meisten dieser Überlieferungen sind ohne authentische Referenz (Überlieferer-Kette) oder schwach.

Die ersten Gefährten und ihre Nachfolger erkannten natürlich, dass diese Zusätze nicht zum Koran gehören sondern nur Kenntlichmachung der Gründe des Herabsendens oder der Erläuterung.

2) Nichtbeachtung der Regel dass der Koran über Überlieferungen richtet nicht umgekehrt

Extreme Akhbari (eine Abweichlergruppe, die darauf besteht, dass nur die Ahl Bait (AS) den Koran verstehen) untersagen den Tafsir ohne Überlieferung eines Reinen (as) daher wird ihre Konzentration auf die Überlieferungen so stark, dass sie dabei ve3rmutlich vergessen hatten dass der Prophet (sas) bestimmte, dass wenn ein Widerspruch zwischen einer Überlieferung und dem Koran auftaucht die Überlieferung weg zu werfen ist. Wenn zusätzlich die obige Art der Tafsir-Überlieferungen falsch verstanden wird kann man tatsächlich zum fälschlichen Schluss kommen, dass der Koran gekürzt wurde.

3) Unbekanntes im Verlauf der Offenbarung und Niederschrift des Korans

 

Der Koran wurde schon während der Lebenszeit des Propheten (sas) nieder geschrieben. Allerdings war die Form nur „lose Blätter“ also zum Beispiel auf Leder geschriebenes und noch nicht als Buch zusammengefasst. Damit erübrigt sich dieses Argument. Was allerdings in verschiedenen islamischen Geschichtsbüchern vorkommt, ist, dass die letztentliche Zusammenfassung unterschiedlich interpretiert wird. Die sunnitische Schule sieht das Zusammentragen des Korans unter Abu Bakr und Umar und die letztendliche fassung von Uthman ibn Affan als Ergebnis der Aufbewahrung und Sammlung an. Die schiitische Schule sieht Imam Ali (as) als Bewahrer und Schreiber des Korans an aber letztendlich hatte er das Uthman-Exemplar auch akzeptiert so, dass man sagen kann das dieses Exemplar tatsächlich der verfasste Koran ist und dieser ist uns erhalten und das wird letztendlich auch dadurch gesichert, dass es viele gibt die den Koran komplett auswendig können.

4) Schwache Betonung Imamats, das ein besonders wichtiges Thema ist

Richtig ist, dass ohne Tafsir und Überlieferungen nicht bestimmt werden kann, wer der korrekte Nachfolger bzw. Stellvertreter des Propheten (sas) ist, aber Imam Jaffar As-Sadiq (as) antwortet darauf, dass die Anzahl der Gebete und die Anzahl der Raka nicht im Koran angegeben ist obwohl dieses immens wichtig ist zu wissen. Dieses muss aus den Überlieferungen des Propheten (sas) entnommen werden. Aus der Sicht des Autors ist die Bedeutung des Gebetes auch die Ausführung. Das bedeutet wirderum, dass diese Details zwar nicht im Koran wörtlich enthalten sind aber durch den Propheten (SAS) erklärt wurde. Das ist also kein Widerspruch zur Aussage Imam Sadiqs.

 

Ansichten der schiitischen Gelehrten

Welche Gelehrte glauben an die Änderung des Korans

Wenn man die Änderung nach der Bedeutung interpretiert, so sind sich alle einig, dass viele den Koran falsch interpretieren, daher wird darauf nicht eingegangen.

Es gibt jedoch schiitische Gelehrte, die an die Änderung des Textes des Korans glauben.

Muhadith Nuri verfasste ein Buch, in dem er über 1000 Überlieferungen aufzeigte, die auf Änderungen des Korans hinweisen. Nachdem allerdings andere Gelehrte dieses Buch widerlegten (bzw. regelrecht zerfetzten) erkannte er seinen Fehler und verfasste ein Schreiben in persischer Sprache mit dem Hinweis, dass jeder, der eine Fassung dieses Buches besitzt dieses Schreiben dazulegen soll. Dies zeigt, dass er während seiner Studien über diese Überlieferungen zu falsches Ergebnissen kam allerdings seine Meinung korrigierte.

Die meisten dieser haben entweder keine Überliefererkette (Sanad) oder sind schwach (Überlieferer sind nicht vertrauenswürdig), daher kann man diese getrost übergehen.

Ein Teil dieser sind Tafsir-Überlieferungen. Diese Art von Koranexegese ist, dass der Vers ezitiert wird aber der Überlieferer (oder auch der Imam selbst) Erklärungen ergänzte was bedeutet, dass dieser Zusatz zum Vers währen der Rezitation einfügte. Diese sind somit nicht als Teil des Korans zu interpretieren, so dass sie ebenfalls nicht auf die Abrogtion des Korans hinweisen.

Es gibt 10 Arten der Rezitation und 7 davon sind enger. Unterschiede der Rezitation sind teilweise auf Dialekt und Art der Rezitation zurückzuführen und enthalten keine signifikanten Bedeutungsunterschiede.

Die Rezitationsarten mit Bedeutungsunterschieden sind entweder so klein, dass die komplette Bedeutung eralten ist oder z.B. lediglich einen Unterschied im Ansprechpartner erhält. Z.B. einmal ist der Prophet (sas) der Ansprechpartner und ein anderes mal die Gläubigen. Daher unterscheidet sich das Pronomen des Verses. In diesem Fall ändert es jedoch nicht die Bedeutung sondern nur die Betrachtungsposition.

Letztendlich bleiben dann nur noch wenige übrig, die jedoch unerheblich sind denn der Koran ist mutawatir (so oft authentisch überliefert, dass es keinen Zweifel gibt) und bei der Auswahl zu religionsgesetzlichen Regeln ist zuerst der Koran, dann die mutawatir Überlieferungen und danach Hasan-Überlieferungen zu nehmen, so dass diese dann ebenfalls durchfallen.

Im nächsten Abschnitt untersuchen wir die unterschiedlichen Arten der Überlieferungen, die den Schein der Änderung des Korans enthalten.

 

Überlieferungen, die den Schein der Änderung des Korans in sich  tragen

Tafsir-Überlieferungen

Diese Art der Überlieferungen enthalten Ergänzungen zum Text des Korans. Da der Text innerhalb des Korans aufgeführt ist erscheint der Koran als gekürzt zum Original.

In Wirklichkeit ist der Koran jedoch nicht gekürzt sondern die Reinen (as) erklären den Umstand des Verses oder den Grund des Herabsendens mit diesen Einschüben.

Sehen wir uns einige dieser Überlieferungen genauer an:

Zunächst Tafsir-Überlieferungen.

In diesen fällt auf, dass der „gekürzte“ Vers mit der Vokabel „Ja'ne“ oder vergleichbarem eingeleitet wird.

Bedeutungen, die man je nach Kontext entnehmen kann:

«Bedeutet» also z.B. «… Gott erschuf die Himmel und die Erde in sechs Tagen (bedeutet sechs Zeiten) ...»

oder «Soll heißen» oder «also» und ähnliches.

Eine andere Reihe von Überlieferungen zeigen lediglich Arten der Rezitation an.

Die Unterschiede der Rezitation lassen sich in drei generelle Arten unterteilen:

  1. Bedeutung des Textes erfährt keine Änderung und lediglich die Aussprache ist unterschiedlich, ähnlich dem „g“ in der Endung „ig“, das wie ein echtes „g“, „ch“ in „herzlich“ oder ein „sch“ ausgesprochen werden kann.
  2. kleine Unterschiede in der Bedeutung. Sie lassen sich meist vollkommen ineinander überführen. Zum Beispiel spricht der Koran manchmal direkt zum Propheten und manchmal weist ein Pronomen der dritten Person auf ihn. D.h., dass das Pronomen „Du“ und das Pronomen „Er“ beide auf den Propheten des Islam (sas) verweisen. Man kann also sagen nur de Position des Betrachtes ist eine andere. Das ist aber letztendlich keine Änderung der Bedeutung.
  3. Kleine Änderungen der Bedeutung, aber die generelle Bedeutung des Verses unterscheidet sich nicht, so dass man nicht von einem Unterschied sprechen kann.

Wenn man argumentiert, dass es hier eine Änderung ist so kann man aber mit Sicherheit sagen, dass eine Version das Original ist und somit kommt man letztendlich auch auf den Schluss, dass der Original-Koran so wie er dem Propheten (SAS) erhalten ist.

 

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