IQNA

Französischer Kulturkrieg gegen den Islam zeigt keine Anzeichen des Abschwächens

22:48 - April 16, 2022
Nachrichten-ID: 3005914
TEHERAN (IQNA) – Emmanuel Macron hat vielleicht die erste Runde der französischen Präsidentschaftswahlen gewonnen, aber der Erfolg der rechtsgerichteten Kandidatin Marine LePen, die mit 23,1 Prozent der Stimmen auf den zweiten Platz kam, malt ein beängstigendes Bild der französischen Politik.

LePens Erfolg war teilweise auf ihre Fähigkeit, sich auf die Lebenshaltungskosten zu konzentrieren und sich selbst als eine moderate Nationalistin darzustellen, begründet, aber ihr Verhalten gegen Immigranten und gegen islamische Sitten, das oft als „Verteidigung der französischen Kultur“ getarnt ist, bleibt ein Bollwerk ihrer Appelle. Das berichtete Al Jazeera.

LePens Popularität zeigt, dass zweizüngige Rhetorik in Frankreich in der Politik sehr einflussreich ist. Aber das ist nicht die einzige Konserve der extrem Rechten. Die diesjährigen Präsidentschaftswahlen sahen Kandidaten quer durch das politische Spektrum, die sich alle als Verteidiger des Laizismus (Trennung von Kirche und Staat) hervortun wollten. 2021 kritisierte Macrons Innenminister Gérard Darmanin LePen sogar dafür, dass sie mit dem Islam zu „sanft“ umginge.

Frankreichs Besessenheit hinsichtlich des Islams basiert auf dem Konzept, dass der Staat von Natur aus sekulär sei. Aber jede politische Behauptung oder staatliche Regel, welche Laizität zu schützen versucht, verschlingt im Gegenteil Staat und Religion umso enger miteinander. Dies unterminiert nicht nur die wahre Trennung zwischen religiöser und politischer Sphäre, sondern behindert auch den eigentlichen poitischen Dialog über Frankreichs kulturellen und religiösen Gobelinteppich.

 

    Eine Besessenheit mit politischem Islam

Angriffe auf islamische Werte waren im politischen Diskurs unter dem ehemaligen Präsidenten Sarkozy, der häufig seine antimuslimischen Regeln als Verteidigung der Laizität verblümte, zu einem akzeptablen Standbein geworden. Nach der Ermordung Samuel Patys von einem Anhänger des ISIL hatte Macron einen ähnlichen Tenor angenommen und sowohl ein Zerstören muslimischer zivilgesellschaftlicher Organisationen angefangen, als auch die akademische Freiheit unterminiert, indem er eine Studie über die angebliche Ausbreitung der islamisch- linken  (islamo- gauchistische) Ideologie an französischen Universitäten in Auftrag gegeben hatte.

Während Macrons Versuche, religiösen Extremismus einzudämmen, vernünftig erscheinen, rufen sie bei denen, die sich für vollkommen französisch halten, eine unangenehme Wahrheit hervor und werfen die Frage auf, was als eine vollkommene Interpretation einer französischen Gesellschaft angesehen werden  kann. So wie Reza Zia Ebrahimi schreibt, ist Laizität kein festes Werteset, und sie schlingert in Richtung eines rechtsgerichteten Antiislamismus, der sich allmählich über verschiedene Jahrzehnte herausgebildet hat.

Doch sind es die gesetzestreuen Muslime, die oft die Konsequenzen im wirklichen Leben zu spüren bekommen. Das kürzlich gebilligte Antiseparatismusgesetz gegen islamischen „Extremismus“ gibt französischen Autoritäten mehr Gewalt, sich mehr in religiöse Verbünde einzuschalten und ausländische Unterstützung einzuschränken. Innerhalb der letzten Jahre hatte es zahlreiche Fälle gegeben, wo französische Autoritäten durch behördliche Verfahren Moschee, Schulen, muslimische Imbissstuben und sogar eine führende Gruppe gegen Diskrimination, das Kollektiv gegen Islamfeindlichkeit in Frankreich, geschlossen hatte.

 

 Ein Kulturkrieg unter anderem Namen

Macron hat verneint, dass sich Frankreich mitten in einem Kulturkrieg à la US oder UK befindet, aber die Sprache der Laizität bezeichnet die Angst über kulturellen Verlust und Antiimmigrationsgefühle, welche die europäische Rechte seit einigen Jahrzehnten verbreitet. Leider ist Islamfeindlichkeit überall in Europa und in den US verbreitet, aber während Islamfeindlichkeit in den meisten westlichen Ländern von den politischen Führern, wenn auch manchmal hinterhältig, erkannt worden ist, widerlegen französische Politiker die Existenz dieses antimuslimischen Problems. Stattdessen wrid Islamfeindlichkeit als eine List der islamisch- linken Front angesehen, um Verteidiger der französischen Kultur zum Schweigen zu bringen.

Diese doppeltverneinde Ruhe debatiert über die reiche kulturelle und religiöse Vielfalt Frankreiches. Stattdessen wird Uniformität für die Basis der Zugehörigkeit gehalten, wobei nur wenig Achtung der Kraft und dem Hintergrund, worauf sich die ethischen Konturen einer solchen Identität zurückführen, geschenkt wird. Da muslimische Einwanderer innerhalb der ethnischen Linien nicht anerkannt sind, wird Diskriminirung gegen Muslime eher als Religionskritik als kulturelle Entmündigung verstanden. Diese Art von Kritik wird als legitimer Ausdruck der freien Rede in einer sekulären Gesellschaft verteidigt, und diejenigen, welche sich mit der Natur einer solchen Kritik nicht wohlfühlen, werden entweder als linksislamische Sympathisanten oder absolute Islamisten abgestempelt.

Dies läßt französischen Muslimen, ob sie den Islam ausüben oder nicht, wenig Platz, ernsthalft an politischen Debatten teilzunehmen. Muslimische Bürger Frankreichs, obwohl viele in der zweiten oder dritten Generation Söhne oder Töchter von Immigranten sind, werden durch simultane Gesetze bevormundet, dass sie sich assimilieren sollen, wobei sie durch räumliche, gesetzliche und die Sicherheit betreffenede Maßnahmen ausgeschlossen werden. Die breitere Intersektionalität der französischen Identität wird als eine Bedrohung der priviligierten Position der traditionellen Kultur ignoriert.

 

3478491

captcha